Mittwoch, 10. Dezember 2014

"Was bedeutet zähmen?" - Der kleine Prinz und der Fuchs

Der kleine Prinz von Antoine de Saint-Exupéry bietet als Hörbuch zahlreiche Möglichkeiten für den Einsatz im Ethikunterricht und kann dank der einzelnen Kapitel auch sehr gut nur in einzelnen Episoden gehört werden, ohne den Gesamtinhalt des Werkes kennen zu müssen. Da ich vermute, dass der Gesamtinhalt den meisten von euch vertraut ist, konzentriere ich mich nur auf einen möglichen Teil des Hörspiels: das Zusammentreffen zwischen Fuchs und dem kleinen Prinzen. (hier könnt ihr  reinhören, ich empfehle aber bei Einsatz im Unterricht das Hörspiel käuflich zu erwerben, diese Fassung ist schöner aufgearbeitet.) 

Der kleine Prinz ist auf der Suche nach Freunden und trifft auf einen Fuchs. Als der kleine Prinz mit ihm spielen will, weist der Fuchs darauf hin, dass er vorher gezähmt werden müsse. Es wird über die Bedeutung des 'Sich-vertraut-machens' gesprochen und das Zähmen rückt in die Mitte des Gesprächs. Freunde hat man nicht einfach, so der Fuchs, es bedürfe an Zeit. Dies erklärt auch den Mangel der Menschen an Freunden: Sie nehmen sich keine Zeit und Freunde könne man schließlich nicht im Supermarkt kaufen. Essenz der Sequenz ist, dass die Einzigartigkeit eines jeden Geschöpfes erst dann erkannt werden kann, wenn man sich mit ihm vertraut gemacht hat. Wenn man sich aber mit einem Geschöpf vertraut gemacht habe und es für einen einmalig geworden sei, so trage man auch Verantwortung für es. Nachdem sich Fuchs und Prinz vertraut gemacht haben, verrät der Fuchs ein Geheimnis:

"Es ist ganz einfach: Man sieht nur mit dem Herzen gut. Das Wesentliche ist für die Augen unsichtbar. [...]Die Menschen haben diese Wahrheit vergessen. Aber du darfst sie nicht vergessen. Du bist zeitlebens für das verantwortlich, was du dir vertraut gemacht hast."

Gerade dieser Abschnitt biete sich in der Grundschule in der 3. Klasse im Lernbereich 2: Miteinander an, um darüber ins Gespräch zu kommen, wie man Freunde findet, wie man Freundschaften pflegt und welche Rolle Vertrauen und Verantwortung spielt. Wer aber tiefer in das Thema gehen möchte, sollte sich nicht scheuen, auch mit älteren Schülern an Themen der Erzählung zu arbeiten.
Man läuft schnell Gefahr, den kleinen Prinzen von Saint- Exúpery nur zu konsumieren, ohne ihn zu verarbeitet. Aber es handelt sich keinesfalls nur um ein Kinderbuch, wenngleich die Sprache es vermuten lässt. Auch ich habe immer noch viele unbeantwortete Fragen. Von großem Interesse für die erwachsenen Hörer möchte ich noch Drewermann empfehlen, der sich der Erzählung tiefenpsychologisch annähert und dabei äußerst interessante Lesarten und Perspektiven eröffnet. (Beispielsweise die ödipale Beziehung zwischen der Rose und dem Prinzen. Dies geht für den Unterricht aber sicherlich einen Schritt zu weit.)

Was denkt ihr, für welche Altersgruppen sich das Hörbuch anbietet? 
Und könntet ihr euch vorstellen, dass auch ältere Schüler genügend Offenheit für dieses vermeintliche Kinderbuch hätten? 

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